19. Mai 2016

Zu Risiken und Nebenwirkungen der Ardennes Trophy........

……fragen sie ihren örtlichen Starrgabelfahrer. 

Fotoquelle: sportograf.com
Wer noch nie ein Ardennenrennen bestritten hat, dem muss man natürlich erstmal etwas Aufklärung zukommen lassen. Wo sich bei deutschen Rennen der Trailanteil häufig im einstelligen Bereich bewegt, so galoppiert er bei den belgischen Ardennenrennen gerne über 70%. Der belgische Gallier kann es sich sogar leisten, die schönsten Trails bergauf fahren zu lassen, es gibt halt so viele.

Zwischen normal getakteten Rennfahrern ist es deswegen auch recht schnell ausgemachte Sache, dass man solche Rennen nicht mit einer Starrgabel fahren sollte. Dummerweise hat mein Focus aber nur die eine und ich Lust auf Rennen. 
Nach meinem DNF 2015 gab es auch noch was nachzuholen und wenn schon, denn schon. 100 km Starrgabel ist doch eine schöne Testeinheit um zu überprüfen, ob die Ingenieure bei Focus Bikes einen guten Job gemacht haben. Ich will es vorweg nehmen: Meine Anstrengungen dem Material ernste Probleme zu bereiten, laufen ins Leere.


Als Nachmelder ordne ich mich bei bestem Ardennenwetter (kalt und trocken) irgendwo im hinteren Nirwana der 700 Langstreckenfahrer ein. Ein Start, kein Gerangel und Geschubse, jeder fährt ganz gemütlich drauf los. Haben die etwa den Start verlegt, wo war der Startschuss? Hier ist kein Alarm zu vermelden. Geht ja völlig entspannt zu hier hinten im Feld. Ich kämpfe mich durch und ernte in den ersten Abfahrten schon entgeisterte Blicke wegen der Starrgabel.

25 ausgeschilderte heftige Anstiege sind auf der 100 km Distanz zu bewältigen. Die Abfahrten danach bieten meist auch keine Erholung. Besonders für Starrgabelfahrer nicht. Während andere laufen lassen können, über Wurzelteppiche und grobes Geröll, muss der Starrgabelfahrer immer die Linie suchen, um Vollgas zu geben. 
Ich persönlich liebe die ganz technischen Abfahrten, da wo viele Fahrer anfangen nachzudenken und dabei das fahren vergessen. Die Gesichter von Race-Fully-Fahrern sind unbezahlbar in dem Moment wo sie sich die Frage stellen, warum sie soviel Geld in Federtechnik investiert haben.
Belgische Rennen sind auch für ihre Wasserdurchfahrten bekannt. Ob Malmedy, Waimes, Houffalize oder ganz krass die BeMC, kalt und nass muss es sein. Dabei gibt es immer alle Variationen. Von einer Bach- bis zur Flussdurchquerung, dem Uphill durch eine Schlammrinne oder der Suche nach dem Quellgebiet des Rinnsals. Es gibt nichts, was es nicht gibt.




So ein Rennen ist harte Arbeit. Wir haben noch Glück, es bleibt trocken. Jeder der hier schon mal ein verregnetes Rennen gefahren ist, weiß den Begriff Erschöpfung neu zu definieren. Die Ausfallquote ist immer hoch und die Pein steht jedem Finisher spätestens am Ende ins Gesicht geschrieben, ob erster oder letzter. 
Mir steht sie meist schon gegen Rennmitte im Gesicht geschrieben, bevor es gegen Ende wieder besser wird. Nach dem steilsten Anstieg des Rennens mit 13 % und einer sehr technischen Abfahrt folgt der Anstieg zur Verpflegungsstation 3 am Chateau Franchimont.
Oben angekommen, kurz vor Schnappatmung, folgt die Streckenteilung bei km 62. 75 km oder 100 Km, leiden oder noch ein bisschen mehr leiden, das ist hier die Frage. Wer nachdenkt hat verloren, ich biege intuitiv auf die 100 km ab. Wenn schon sterben dann richtig.


Und gestorben wird ab jetzt. Ich kann das Tempo der Gruppe vor mir nicht mehr halten und verabschiede mich in die Einsamkeit eines Solofahrers. Zweimal kommt ein Fahrer von hinten aus dem Nichts an mir vorbei und ist genauso schnell wieder verschwunden. Wenn nicht die Streckenmarkierungen wären, ich wäre sicher, mich verfahren zu haben. Alle Trails gehören mir ganz alleine. Rund um den Gedanken, wie ich hier jetzt mit meinem Endurohardtail ballern könnte, arbeite ich alle Schwierigkeitsgrade ab. Mein Sichtfeld meldet immer häufiger einen Wackelkontakt. Die Sehschärfe und die Kontraste lassen sich bei den ganzen verwackelten Bildern bergab nicht wirklich einstellen.


Meine lethargische Erschöpfung mit einhergehendem Desinteresse an der Gesamtplatzierung lässt nach. Dort, ein Fahrer voraus. Die Ersten blasen nun wohl endgültig ab und ich scheine mich zu erholen. Ab und zu kann ich sogar wieder die Gruppe vor mir erkennen. Meine Oberarme finden Wurzelteppiche ab sofort doof und es wachsen Blasen auf meinem Daumenballen. Das sind Gründe aber keine Hindernisse, trotzdem persönliche Bestzeiten im Downhill zu fahren, bevor der finale 3 km Anstieg zum Ziel nochmal das Letzte abverlangt. Zwei Fahrer voraus, Attacke. Da springt mich Sportograf Ralf an, um mal Hallo zu sagen. Man sieht mich ja selten ausserhalb eines Rennens. Nach 20 Sekunden muss ich aber wieder los, ich habe meine Attacke nicht vergessen.
Oben habe ich die 2 Fahrer wieder und noch ein paar Andere dazu. 


Ich stehe auf Zielsprint, und zumindest hier bin ich heute Sieger. Das mit der Top100 Platzierung klappt zwar nicht ganz mit Platz 111, aber ich kann meine Zeit im Vergleich zu 2014 deutlich verbessern und unter 6h bleiben. Alles toll!
Unsere Waffe Till schaffte auf der 50km Distanz einen grandiosen 21.Platz gesamt / 7. AK
Max fuhr im ersten Rennen des Jahres auf den 67.Platz / 20. AK

In diesem Sinne Think Pink eure Muschi

Warnung!!!

Starrgabelfahrer sind professionell trainierte Athleten. Es dauert Jahre bis sie die Aktionen die sie im Gelände zeigen perfektionieren und gefahrenlos ausführen können. Bitte macht das was sie tun niemals nach.


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