2. Juni 2015

Treffen der Generationen, bei den 24h am Alfsee


Der Alfsee, unendliche Weiten, wir befinden uns im Hohen Norden.
Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Vennbike, das viele Kilometer von seiner Heimat entfernt unterwegs ist, um neues Gelände zu entdecken, unbekannte Wege und neue Zivilisationen. Die Vennbike erringt dabei Erfolge, an die zuvor nie jemand gedacht hätte.

Und jetzt entschuldigt uns bitte. Wir haben eine Verabredung mit der Ewigkeit, und wir möchten nicht zu spät kommen.

Wenn schon den schon: 5 Vennbike-Fahrer und 2 Betreuer machen sich auf den Weg, die Deiche rund um den schönen Alfsee unsicher zu machen. Treffen der Generationen, der alte Sack trifft auf die verwegenen Vier. Und weil wir über den Punkt des alleinigen Dabei Seins schon lange hinaus sind, haben wir auch Ambitionen im Gepäck.
Wir haben einen schnellen 4er am Start, von denen jeder Fahrer für sich schon bewiesen hat, zu was er fähig ist. Till, Max, Michi und Phillip sind unser Fehdehandschuh, der in den Alfsee geworfen wird. Darüber hinaus fährt die Muschi Solo und weil es eine Singlespeed Sonderwertung gibt natürlich in der Übersetzung 32/16.

Das Schicksal beschützt Narren, Kinder, und Fahrer mit dem Namen Muschi.



Weil der Alfsee bekannt ist für Heldenwetter zu dieser Jahreszeit wurde im Vorfeld ausgiebig das Wetter studiert. Mit dem Ergebnis, dass es sich nicht lohnt, dies zu tun. Alles Lüge!!! Zum Start gibt es dann auch bestes Heldenwetter mit Gewitter und Starkregen obwohl das so nicht gemeldet war. Nun ja, das macht das Ganze noch spannender. Ich habe mir sagen lassen, dass nirgends in der Norddeutschen Tiefebene mehr zerrissene Ketten zu finden sind als hier auf den Deichen des Alfsees. Es wird sich bewahrheiten.

Ich behaupte einfach, ich spreche für alle hier, Sir, wenn ich sage: Zur Hölle mit diesem Wetter!

Egal, die Hoffnung auf besseres Wetter stirbt zuletzt. Dafür gibt es keinen nennenswerten Wind. Während der ersten 2-3 Stunden sind die Deichanstiege durch den Regen kaum fahrbar. Der hört dann aber auf und die Fahrsituation wird stetig besser
Ein Singlespeed zu fahren erfordert bei diesen steilen kurzen Deichanstiegen Disziplin. Ich habe 2 Anstiege probiert zu fahren und mich dazu entschieden, es zu lassen. Ich brauche meine Knie noch lange lange Zeit. Ich will mich nicht verheizen in den ersten Stunden, zumal ich zu Fuß im Anstieg auch nicht langsamer bin als der Großteil des Fahrerfeldes. Meine Knie werden morgen dankbar sein.

Wisst ihr, ich bin ein irrationales, unlogisches menschliches Wesen. Das wird sicher ein Spaß!

Unser 4er fuhr direkt auf Platz 2 und kann sich innerhalb weniger Runden auf den 1. Platz vorarbeiten. Jedoch ist das zweitplatzierte Team vom OSC Damme immer in Schlagweite. Unsere Jungs sind aber immer einen Ticken schneller und bauen ihre Führung kontinuierlich aus. Aber Entspannung ist anders, bei einem Vorsprung von 10-15min kann jederzeit ein Sturz oder Defekt das Ende aller Träume bedeuten.

Die menschliche Schwäche, Fahrzeuge mit gefährlichen Geschwindigkeiten zu steuern, wird mich wohl ewig verblüffen.

Ich ziehe währenddessen meine Kreise und leider ist mein einer Gang meistens der Falsche. Was sagte mir noch Axel vor dem Rennen? Muschi, lass das sein mit dem Windschattenfahren, sonst bist du abends platt. Da will ich das mal befolgen, obwohl die Versuchung lockt.
Stattdessen sehe ich die ersten Leichtverletzten. Und da waren sie, die abgerissenen Ketten und Schaltwerke. Mit einem Workshop „Richtiges Schalten am Berg“ liesse sich jetzt echt Geld verdienen. Das war schon schlimm für die Ohren, das Gekreische der vergewaltigten  Antriebe.
Das Wetter wird immer besser, die Wolken verziehen sich und wir werden mit einem schönen Sonnenuntergang über dem Alfsee in die Nacht entlassen. Die Jungs auf Platz 1 und ich auf Platz 19. Was ist noch drin für mich mit dem einen Gang?, das ist hier die Frage.

Ich nehme an, die Chancen stehen schlecht und die Situation ist trostlos? Dann los !


Die Jungs wechseln munter durch, mit Rundenzeiten von 27min-32min. Max geht gegen 0 Uhr in eine längere Pause und Phil um 3 Uhr. Die 2 anderen sind auf Zucker, die brauchen sowas nicht. Mitten in der Nacht haut der Till im Dunkeln dann eine 26er Zeit raus, die schnellste bis dahin gefahrene im Fahrerfeld. Das liegt wohl an der guten Versorgung durch JoJo oder auch dem Heizpilz im Zelt. Der wird auch immer nötiger, gegen Morgen fällt das Thermometer auf schattige 1Grad. Am Ende des Rennens wird Till immer noch die drittschnellste Rundenzeit gefahren sein.

Das Beste am 24h Soloritt ist, dass man nicht erreichbar ist.

Gegen 23.30 schicke ich Wolle, den besten Betreuer auf der Welt, in die Nachtruhe. Nachts bin ich lieber für mich alleine und versorge mich an der Verpflegungsstation in der Wechselzone. Von Joghurt, Kuchen, Obst über Wurstschnitten und Käsebrötchen bis hin zur Hühnersuppe gibt es alles was einem einsamen entkräfteten Solofahrer die Nacht versüssen kann. Ich ziehe einsam meine Runden und denke, und denke, und denke bis ich nicht mehr denke. Das nennt man dann Automatikbetrieb. Das Einzige was stört ist das Absteigen, das unterbricht den Rhythmus. Und dann ist da diese Lerche an der Strecke. Trällert da mitten in der Nacht eine Ode an den Sonnenaufgang, obwohl es noch Stunden bis zum Morgengrauen dauert. Vielleicht kann/darf die Lerche auch nicht schlafen.  

Berichte über meine Assimilierung durch die Strecke sind stark übertrieben.

Der Morgen graut und ich ertappe mich dabei, dass mir die Augen zufallen. Ich habe keine Lust mehr, mir tun die Arme und die Handgelenke weh. Hier über die holprigen Wiesenpisten mit einer Stahlstarrgabel zu fahren war doch keine so gute Idee. Aber Singlespeed und Federgabel, das passt wegen der steten Wiegetrittfahrerei nun gar nicht zusammen. Aber was beklage ich mich, das Dutzend Crosser das hier unterwegs ist hat es auch nicht leichter.
Unser Vierer ist auffällig unauffällig. Sie ziehen ihre Bahnen, ohne Sturz und ohne Defekt immer gut umsorgt von JoJo . 
Bei Sonnenaufgang steht Wolle auch wieder an der Strecke und betreibt Motivationstraining an meiner Person. Ich spiele mit dem Gedanken mir die Sonne aus der Horizontalen anzuschauen, da erzählt mir Wolle, dass ich auf dem 7. Platz liege. Da hat das übliche Heldensterben über Nacht wieder eingesetzt und mich wohl vergessen. Nach diesem Massensterben von Ambitionen, soll es wohl jetzt meine Ambition sein, zu überleben und einen Singlespeedfahrer in den Top Ten zu platzieren. Nach vorne geht nix mehr, aber von hinten drückt die Konkurrenz. Danke für die Motivation Wolle, jetzt bin ich wieder ein Getriebener zwischen Lust und Frust: Lust auf die Platzierung und Frust über das, was ich mir dafür noch antun muss.

Alfsee bereithalten. Selbstzerstörungssequenz Omega. Kennung: Stimmmuster Muschi Autorisierung: Alpha Alpha 3 - 0 - 5. 



Der Wind hat aufgefrischt und schlägt uns auf den langen Geraden unterm Deich hart ins Gesicht. Es bilden sich Lutschergruppen, immer schön vom Windschatten des Vorausfahrenden profitierend. Was hatte Axel noch gesagt? Ich habe es vergessen, ich mache da mal mit. Total lustig wie die Jungs gucken, wenn die merken warum ich im Nähmaschinenmodus hinter ihnen her rausche. Ich kriege viele aufmunternde Worte und Zuspruch für mein Vorhaben, mit einem Gang durchzuhalten. Das Beste des Morgens war das Mädel das mich 2 Runden lang an ihrem Hinterrad mitgenommen hat. Danke schön dafür.
Die Jungs fliegen immer noch an mir vorbei und katapultieren sich die Anstiege hoch als wäre es die erste Runde. Einmal treffe ich Till im Wind und er nimmt mich mit. Alter Schwede, ich konnte kaum das Hinterrad halten. 
Dann war da noch dieser Spinner am Anstieg vor der Brücke über den Kanal. Wir zu zweit vorne mit der Ansage zum Absteigen. Und was macht der Tuppes an dritter Stelle?

Der will ganz ganz rechts von rechts, rechts an uns vorbei und reißt mich beim Sturz noch mit. Er schimpft und macht und tut, ganz ausser sich vor Wut, ohne zu merken das sein teures Hinterrad in meinem Pedal verklemmt ist. Ich rufe zwar er soll mal ruhig machen, aber nein er reißt lieber mit einem Ruck das verklemmte Hinterrad von meinem Pedal und weg ist er. Ob die Jagd nach 5 Sekunden den Schaden an seinem Hinterrad wert war, konnte ich dann leider nicht mehr in Erfahrung bringen.

Ich fühle eindeutig aggressive Tendenzen!

Gegen Ende wird es zäh, das Windschattenspiel fordert seinen Tribut, jedoch liege ich 3 Runden vor meinem direkten Verfolger und kann mir die letze Stunde sparen. Die verbringe ich dann lieber mit einer Flasche Köstritzer an der Strecke und spiele Zuschauer.
Die Jungs jedoch kämpfen bis zuletzt und lassen sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Mit fast 14min Vorsprung beherrschen sie die Konkurrenz und werden Deutscher Meister im 24H 4er. Chapeau, Vennbike ganz ganz oben.
Der alte Mann mit dem einen Gang ist glücklich mit dem 7.Platz in der Gesamtwertung der Männer Solo und über den Sieg in der Sonderwertung Singlespeed. Also da nenn ich mich mal Deutscher Meister 24h Singlespeed.

Es heißt doch: Die Zeit ist das Feuer, in dem wir alle verbrennen.Wir lassen in unserem Leben so viele Dinge unerledigt zurück.

Das ist ein super Einstieg in die Saison für uns Vennbiker, da kann der Rest mal kommen.

In diesem Sinne-Think Pink,eure Muschi



Randgeschichte des Monats

Ich habe nie behauptet, dass ich weiß was ich tue. Aber manchmal bin ich nachher schlauer.
Da packe ich mir eine zweite Sattelstütze mit Sattel ein. Mache ich sonst nie. Aber vielleicht möchte mein Popo mal einen anderen Sattel dachte ich mir. So ein Schwachsinn, jetzt weiß ich, warum ich die Sattelstütze/Sattel eingepackt habe! Damit Frank und Moni vom Eulenexpress Deutscher Meister im 2er Team Mixed werden konnten.
Fliegt der Frank an der Strecke an mir vorbei und erzählt, dass Moni mit gebrochener Sattelstütze in der Wechselzone steht und es vorbei ist mit dem ersten Platz. Ich ihn schnell gefragt, ob 27,2 passt, was er bejaht. Man hat der sich gefreut, eine Sattelstütze mit Sattel zu bekommen. Schnell den Wolle in der Wechselzone aktiviert und schon fährt eine Eule mit meinem Material zum Sieg. Fantastisch wenn ein Plan funktioniert. Das macht mich mächtig stolz, dass ich helfen konnte.

Glückwunsch an euch!!!







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